Das neue Gesicht des Marketings

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Der CCO: Das neue Gesicht des Marketings

Unternehmen müssen näher an ihre Zielgruppen heran, wenn sie langfristig Erfolg haben wollen. Um mit ihren Kunden ins Gespräch zu kommen, sollten sie die Organisation radikal umkrempeln. Der Chief Customer Officer löst den Chief Marketing Officer ab.

Oft noch wie in den 60ern

Stellen Sie sich einen Markenmanager vor, der in seinem Büro sitzt und an einer Absatzstrategie für ein neues Sportgetränk feilt. Er umreißt die angestrebten Marktsegmente, legt Preise und Werbeaktionen fest und plant die Kommunikationsstrategie für die Massenmedien. Der Erfolg der Marke hängt vom Gesamtumsatz und von der Rentabilität ab. Von diesen Größen wiederum hängen sein Gehalt und seine weitere Karriere ab.

Was ist falsch an diesem Bild? In diesem Unternehmen - wie in zu vielen anderen auch - läuft alles noch so wie in den 60er Jahren, der Ära der Massenmedien und der Massenmärkte. Transaktionen zwischen Unternehmen und Kunden waren damals von unpersönlicher Ferne geprägt. Dabei können Unternehmen heute leistungsstarke Technologien einsetzen, über die sie direkt mit den Kunden interagieren. Sie können umfangreiche Informationen über die Kunden erfassen und nutzen. Diese ermöglichen ihnen, das Angebot direkt den Anforderungen anzupassen. Die Kunden haben in einem bislang ebenfalls ungekannten Umfang die Möglichkeit, mit den Unternehmen oder untereinander zu kommunizieren und die von ihnen genutzten Produkte und Dienstleistungen mitzugestalten.

Kunde vor Produkt

Um in einem extrem interaktiven Umfeld gegen die Wettbewerber bestehen zu können, müssen Unternehmen neuen Maximen folgen: Statt sich auf Geschäftsabschlüsse zu konzentrieren, sollten sie danach trachten, den langfristigen Wert des einzelnen Kunden zu maximieren. An erster Stelle stehen also die langfristigen Beziehungen zu den Kunden, Produkte und Marken dienen diesem Zweck. Damit müssen sich jedoch die Strategie und die Struktur innerhalb des Unternehmens ändern. Die Marketingabteilung bedarf einer Generalüberholung.

 


Gut zu wissen:
Frischgebackene Väter kaufen mehr Bier

Erfolgreiche Unternehmen sind absolut auf ihre Kunden, auf deren Wünsche und vor allem auf deren Verhalten ausgerichtet. Im Konsumgüterbereich hat Tesco, eine große Einzelhandelskette in Großbritannien, erheblich in Systeme und Ressourcen zur Kundenanalyse investiert. Auf der Grundlage dieser Informationen kann u.a. Tesco nachverfolgen, welche Geschäfte Kunden aufsuchen, was sie kaufen und wie sie bezahlen. So konnte Tesco das Warenangebot lokalen Präferenzen anpassen und es unabhängig von der Größe der Geschäfte individueller gestalten - also in den neuen riesigen Märkten genauso wie im Geschäft um die Ecke.

Laut einem Bericht des "Wall Street Journal" erhielten Kunden, die bei Tesco zum ersten Mal Windeln kauften, per Post Rabattgutscheine für Feuchttücher und Kinderspielzeug, aber auch für Bier. Datenanalysen hatten gezeigt, dass frischgebackene Väter mehr Bier kaufen, da sie weniger Zeit für einen Kneipenbesuch haben.


Neue Ideen für das Marketing

Lassen Sie sich jedoch von solchen Paradebeispielen nicht in die Irre führen. Die meisten Topmanager behaupten zwar, Kundenorientierung sei ihnen wichtig; insgeheim verfolgen sie weiter Ziele, die sich an Umsatzzahlen von Waren und Dienstleistungen orientieren. Das Topmanagement muss an der Spitze der Bewegung stehen: Weg von den Geschäftsabschlüssen und hin zu den Kundenbeziehungen. Es muss die Unternehmenskultur, die Strukturen und Anreizsysteme schaffen, die zur Umsetzung der neuen Strategie erforderlich sind.

Wie sieht ein Unternehmen aus, in dem die Pflege der Kundenbeziehungen an oberster Stelle steht? Keine Firma weist eine Struktur auf, die vollkommen kundenfokussiert ist. Die einzelnen Elemente lassen sich bei verschiedenen Unternehmen erkennen, die den Paradigmenwechsel eingeleitet haben. Zunächst gilt es, die Marketingabteilung neu auszurichten, die sich als "Kundenabteilung" begreifen muss. Der erste Tagesordnungspunkt ist ein personeller Wechsel. Statt eines produktfokussierten Chief Marketing Officers benötigt die Abteilung an ihrer Spitze eine Person, die vor allem das Interesse der Kunden im Blick hat: einen Chief Customer Officer, kurz: CCO.

Der Chief Customer Officer

Der CCO ist dafür verantwortlich, die Rentabilität der Kunden für das Unternehmen zu steigern. Diese bemisst sich nach Kriterien wie Customer Lifetime Value und Customer Equity.

CCOs versehen ihre Tätigkeit in so unterschiedlichen Unternehmen wie dem Autokonzern Chrysler, dem Süßwarenhersteller Hershey's, der Softwareschmiede Oracle, dem Elektronikanbieter Samsung, dem Handelsunternehmen Sears, der Fluglinie United Airlines, dem IT-Konzern Sun Microsystems und dem Finanzdienstleister Wachovia. Der CCOsollte dem CEO direkt unterstellt sein und eine mächtige Position im operativen Geschäft übernehmen. Er soll die Unternehmensstrategie für Kundenbeziehungen ausarbeiten und umsetzen und sämtliche Aufgabenbereiche mit direktem Kundenkontakt überwachen.

Erfolgreiche Chief Customer Officers fördern eine Unternehmenskultur, bei der der Kunde im Mittelpunkt steht, und räumen innerhalb des gesamten Unternehmens Hindernisse beiseite, die den Fluss von Informationen erschweren. Hierzu zählt auch, dass sie für einen regelmäßigen Kontakt der Führungsebene mit den Kunden sorgen.


 

Zusammenfassung

Es ist keine leichte Aufgabe, von der Produkt- auf die Kundenorientierung umzustellen. Das Internet und der Boom virtueller sozialer Netzwerke und nicht zuletzt die immer stärker integrierte KI (Künstliche Intelligenz) erfordern ein Umdenken in der Kundenansprache.

Zuständigkeiten:
Die Marketingabteilung muss sich als Kundenabteilung verstehen, der statt eines Chief Marketing Officers ein Chief Customer Officer vorsteht; Produkt- und Markenmanager unterstehen den Kundenmanagern; die Abteilung koordiniert kundenorientierte Aufgabenbereiche wie Forschung und Entwicklung, Kundenservice, Marktforschung und Customer-Relationship-Management.

Anreize:
Auch die Kennzahlen verschieben sich: Statt um die Rentabilität von Produkten geht es nun um die Rentabilität von Kunden. Im Fokus stehen dabei der langfristige Wert des einzelnen Kunden (Customer Lifetime Value) und der Wert aller Kunden des Unternehmens (Customer Equity).

Impulse:
Die für diese Änderungen erforderliche Umstrukturierung muss vom Topmanagement forciert werden, weil mit erheblichen Beharrungskräften bei betroffenen Mitarbeitern zu rechnen ist.

Quellen:
University of Maryland, Roland T. Rust; University Raleigh, North Carolina, Christine Moorman; Knowledge Kinetics, Gaurav Balla, Virginia, Harvard Business Manager

 

Der Autor

 

Thomas Klepits
CEO, CD ideas4you Werbeagentur GmbH 1010 Wien
www.ideas4you.at

Thomas Klepits ist vielfach prämierter Kommunikationsexperte. Er ist u.a. 2x ausgezeichnet mit dem Staatspreis Werbung der Republik Österreich sowie Träger des Österreichischen Bundeswerbepreises.

Spezialgebiete:
Crossmediale Marketingkommunikation, Medienpräsenz, Media Strategie, Konzeption, Online Marketing, eCommerce, Customer Journey B2B und B2C, Social Media, Reputation Management, CEO Reputation Management, Storytelling, Content Marketing